Dez. 17, 2010

„Tiere sind mir Wurst“ bei Hart aber Fair im TV

Am 15. Dezember 2010 gab es in der Sendung Hart aber Fair ein interessantes Thema.

Der Titel: “Tiere sind mir Wurst – haben Fleischesser keine Moral?”

Hier die Gästeliste:
Jürgen Abraham: Vorsitzender Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie und Schinkenhersteller (Fleischesser)
Karl-Heinz Funke: Hofbetreiber und ehemaliger Landwirtschaftsminister (Fleischesser)
Manfred Breuckmann: Sportkommentator (Fleischesser)
Sarah Wiener: Köchin (Fleischesserin)
Mark Benecke: Kriminalbiologe (Vegetarier)
Barbara Rütting: Autorin und Tierschützerin (Veganerin)

Es fällt auf: 4 Fleischesser gegen 2 Vegetarier. Das klingt nicht sehr fair. Im Laufe der Sendung wurde das dann leider bestätigt. Die Fleischesser hatten einen wesentlich höheren Redezeitanteil, was zwischendurch aber durch Mark Benecke kritisiert wurde und danach auch besser geworden ist.

Herr Abraham, Herr Breuckmann und (besonders widerlich!) Herr Funke argumentierten selbstgefällig für das Fleischessen. Den unsympatischen Einstand gab Herr Funke, der das Recht, Tiere zu töten, völlig unreflektiert aus dem Jagdgesetz ableitet. Da zeichnete sich schon ein Trend ab: Die Fleischesser bezogen sich immer auf Gesetze, Traditionen oder die Kirche. Wie sie selbst zu der Diskussion stehen, kam selten zum Vorschein. Besonders lächerlich: Ein Argument für das Fleischessen war, dass die Bischofskonferenz 1980 entschieden hat, dass der Mensch Fleisch essen darf. Na dann… Das “Argument”, was aber immer wieder auf alles entgegnet wurde: Fleisch schmeckt einfach.

Barbara Rütting hatte leider einen äußerst schwachen Start. Für mich als Veganer hatte sie natürlich mit allem Recht, aber die gemeinen Zuschauer dürfte sie damit erstmal verschreckt haben. So ritt sie zuerst auf dem Spruch “Erlege ein Tier und kaufe Deiner Frau einen Pelz” herum, der aber leider überhaupt keinen Bezug zu den Gästen und der aktuellen Diskussion hatte. Später führte sie aus, dass viele Gewaltverbrecher mit Tierquälerei anfingen, was zwar richtig und erwiesen ist, aber auch abschreckt. Später in der Sendung wurde sie aber deutlich besser und vor allem ihr Schlusswort, in dem sie darlegte, dass sie einen deutlichen Rückenwind für den Vegetarismus spürt und dass bereits 18% der amerikanischen Studenten Vegetarier sind, lies meine Laune deutlich besser werden. Auch ich erkenne einen positiven Trend und hoffe, dass sich dieser in Zukunft weiter fortsetzt.

Mark Benecke fand ich äußerst sympatisch. Er ist durch seinen Beruf (Kriminalbiologe) Vegetarier geworden, nachdem er festgestellt hat, dass eine Leiche genau so riecht wie es das in einer Metzgerei tut. Mit seinem biologischen Hintergrund betonte er, dass alle Tiere fühlen und soziales Verhalten haben. Auch widerlegte er das schwache Argument der Fleischesser, dass nur mit Fleisch eine gesunde Ernährung üblich sein. Dies wurde ebenfalls durch den (garnicht so schlechten) Moderator Frank Plasberg belegt. Marks ganzes Auftreten strahlte eine gewisse Lebensfreude aus, während man bei Frau Rütting – besonders am Anfang – eine Verbitterung ausmachte.

Sarah Wiener hat mir auch überraschend gut gefallen, obwohl sie Fleischesserin ist. Sie vertritt die Meinung, dass Fleisch wie früher ein hochpreisiges Luxusgut werden muss, das, wenn überhaupt, nur einmal die Woche auf den Tisch kommt, dann aber in hoher Qualität. Sie forderte artgerechte Tierhaltung und Schlachtung (die meisten Leute glauben ja, dass es so etwas gibt…). Vor allem setzt sie sich für einen transparenten Herstellungsprozess von Nahrung ein. Jeder sollte wissen, wie sein Essen entstanden ist. Das kann ich nur voll unterschreiben und bin überzeugt davon, dass es dann wesentlich weniger Fleischesser geben würde. Auch bei Frau Wiener hat mir die positive Grundstimmung gefallen.

In der Sendung gab es immer wieder kurze Einspieler aus Schlachthäusern und Zuchtanlagen. Diese waren leider geschönt, Blut und die gröbsten Grausamkeiten waren nicht zu sehen. Man konnte aber deutlich die Massen an Tieren sehen, die in kürzester Zeit “abgearbeitet” werden. Auch wurde darauf hingewiesen, dass es beim Schlachten von Schweinen immer wieder vorkommt, dass der Todesstoß nicht sitzt (Schlachter haben 4 Sekunden Zeit pro Tier) und das Schwein bei vollem Bewusstsein ins Brühbecken fällt. Dazu fiel den Fleischessern nur ein, dass dies ja im Gesetz verboten ist und daher nur in Ausnahmefällen vorkomme.

Insgesamt bin ich etwas zwiegespalten. Ich hätte ja gerne mal gewusst, wie die Sendung auf die TV-Zuschauer, die (noch) Fleisch essen, gewirkt hat. Die Fleischesserfraktion war da eigentlich ganz gut gewählt. Ein Auftreten geprägt von Selbstgefälligkeit, Egoismus, Intoleranz, Machtgehabe – ich könnte mir nichts unsympathischeres vorstellen. Ich hoffe, das sieht die Masse genauso. Im Studio jedenfalls schienen die Sympathien eher bei den Vegetariern zu liegen. Leider war diesen (im wesentlichen Frau Rütting) scheinbar nicht so recht klar, vor wem sie argumentieren. Für Leute, die bereits Vegetarier oder Veganer sind, waren die Argumentationen super! Für die anderen am Anfang wahrscheinlich eher abschreckend und dementsprechend nicht sehr dienlich.

Fazit

Ich freue mich, dass das Thema zu solch einer guten Sendezeit in einer beliebten Talkrunde zur Sprache kam. Gerne mehr davon! Die Vegetarierfraktion und ansatzweise auch Sarah Wiener haben für die Sache argumentiert und konnten die Fleischesser in fast allen Punkten entkräften. Deren übriggebliebenen Argumente: Fleischessen hat Tradition und Fleisch schmeckt. Das werte ich als Erfolg. Allerdings bleibt auch der Beigeschmack, dass die Vegetarier bei besserer Vorbereitung die kostbare Sendezeit noch besser hätten nutzen können. Vor allem würde ich mich freuen, wenn nicht nur betont werden würde, dass sich Vegetarier gegen das Töten, sondern eben auch für das Leben und das Mitfühlen aussprechen. Ich glaube, dass es essentiell ist, eine positive Grundstimmung zu verbreiten!

Die Sendung ist in der Mediathek des ZDF abrufbar.

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