Dez 24, 2010

Das „Alte Freunde“-Dilemma

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Foto: Veröffentlicht mit Creative Commons Lizenz auf Flickr von georgia.kral

 

Ich bin im Jahre 2008 Veganer geworden, da war ich 26 Jahre alt. Die meisten meiner Freunde kenne ich schon aus der Zeit davor, als ich selbst noch Fleisch gegessen habe und mir keinerlei Gedanken um Tierschutz gemacht habe. Das ist prinzipiell kein Problem für mich, ich habe keine Kontakte abgebrochen (wieso auch?) und kann auch mit ihnen am Tisch sitzen wenn diese Fleisch zu sich nehmen. Entscheidend ist, dass wirklich alle meinen Veganismus akzeptieren, zum Teil sogar verstehen.

Nun gibt es aber auch (wenige!) Leute in meinem Freundeskreis, die in ihrer Freizeit aktiv Tiere töten, sie angeln oder jagen. Damit habe ich definitiv ein Problem! Trotzdem handelt es sich dabei um langjährige und gute Freunde, die ich nicht einfach hinter mir lassen möchte. Ich fände es von mir selbst auch heuchlerisch zu sagen, dass diese Menschen keine guten Menschen mehr sind, nur weil ich nach 26 Jahren das Problem erkannt und mich für einen anderen Lebensweg entschieden habe.

Andererseits ist mein Verhalten an dieser Stelle überhaupt nicht konsistent, was mir ebenfalls zu schaffen macht. Wenn ich heute neue Leute treffe, die „zum Spaß“ Tiere töten oder dies gutheißen, lehne ich jeden näheren Kontakt zu diesen ab. Ich verachte das Töten von Tieren, bei meinen Freunden aber „dulde“ ich es (zumindest kommt es mir so vor, eigentlich blende ich es eher aus).

Es bleibt auch nicht aus, dass die Personen in meinem Beisein über ihre „Hobbies“ sprechen. Das versuche ich dann immer zu ignorieren oder in der Zeit mit jemand anderem zu sprechen. Eine Diskussion darüber hat keinen Sinn, weil die Leute davon überzeugt sind, nichts Falsches zu tun. Es handelt sich um ein ländliches Umfeld, in dem Jagd als etwas Gutes und Angeln als ein Sport gilt. Schon beim Schreiben dieser Zeilen erschaudere ich.

Wahrscheinlich würden die meisten jetzt sagen, dass ich die Verbindungen einfach abbrechen soll, wenn mich diese Lebenseinstellungen so belasten und nicht mehr zu den meinen passen. So einfach ist es aber nicht: Die Leute sind trotzdem gute Freunde von mir, wir kennen uns schon sehr lange. Mittlerweile treffen wir uns seltener, da ich letztes Jahr aus meiner Heimat weggezogen bin, aber dadurch fallen mir bei jedem Treffen die Unterschiede umso mehr auf. Immer, wenn ein solches Thema angesprochen wird, fühle ich ein starkes Unbehagen.

Was bleibt ist Ratlosigkeit.

Ich könnte mir vorstellen, dass die meisten „Spätveganer“ mit solchen Problem kämpfen müssen. Mich würde interessieren, wer von Euch auch in einem ähnlichen Dilemma steckt und wie ihr mit diesen Situationen umgeht bzw. umgehen würdet.

2 Comments

  • Kontakt abbrechen braucht man nicht wenn einem die person ansonsten noch wichtig ist (so einen sch*** zu machen wertet eine person in meinen augen schon deutlich ab).
    wenigstens ist das was diese leute tun offen und ehrlich, und sie wissen genau dass sie tiere töten. was ich überhaupt nicht abkann ist dieses heuchlerische „oh nein, guck mal der niedliche flauschige hund wird geschlagen – wie furchtbar“, und gleichzeitig in die Wurstsemmel beißen.
    bis zu einem gewissen grad kann ich durchaus vieles tolerieren – ob das jetzt drogen verticken, schlägereien, tiere töten usw. ist; aber ich find man sollte auch offen dazu stehen.

    • Danke für Deinen Kommentar!

      Ich habe das bisher nur negativ gesehen, aber du hast Recht: Die Tatsache, dass sie offen damit umgehen und dazu stehen hebt sie über die meisten Fleischesser, die sich gegen Tiermisshandlung aussprechen, aber trotzdem genüsslich Fleisch essen und dabei die Entstehung verdrängen!

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